Eine auf Gemeinschaft beruhende Gesellschaft, in der die Bürger entscheiden, ob und in welcher Form sie Daten miteinander teilen.
Hier kannst du das Hörbuch anhören und*oder die Geschichte durchlesen:
Klemens sitzt in seiner Stammkneipe alleine am Tresen. Sein Bauch formt unter seinem Pullover eine kleine Kugel. Mit seinen abgenutzten Lederschuhen stützt er seine Beine auf die Strebe des Barhockers. „Nochmal einen doppelten!“ nuschelt er durch seinen Schnurrbart zu dem Roboterkellner, der gerade Gläser abtrocknet. Klemens dreht sein leeres Glas in seiner Hand.
Hinter ihm sitzt eine kleine Gruppe an Leuten. Sie unterhalten sich angeregt. „Also ich habe dafür kein Verständnis! Warum teilen nicht einfach alle Leute ihre Daten? Natürlich ist das Datenschutzgesetz an sich eine gute Sache. Es ist schon sinnvoll, dass jeder selbst bestimmt, was mit seinen Daten passiert, aber ist es nicht wichtiger, durch die Daten Informationen zu erhalten, die für unsere Gesellschaft wichtig sind? So können wir Krankheiten heilen, den öffentlichen Verkehr koordinieren und vieles mehr.“ ertönt die laute Stimme einer Frau.
„Ich verstehe das auch nicht. Wir leben schließlich in einer Planwirtschaft. Deswegen gibt es keine Firmen mehr, die wie früher Daten sammeln, um uns dann Zeug zu verkaufen oder unsere Krankenkasse teurer zu machen. Die Daten dienen dem Gemeinwohl. Wovor haben die denn Angst?“ fügt ein anderer hinzu. „Ich finde es ungerecht. Wir geben unsere Daten preis und alle profitieren davon, obwohl manche nichts beisteuern.“ empört sich ein weiterer.
„Diese Lebensmittelpakete gehen mir auf den Sack.“ meldet sich einer, dessen Kopf schon seit 30 Min auf der Tischplatte liegt. “Immer so viele Kartoffeln und nie Avocado.“ fügt er noch hinzu. „Ja, diese Lebensmittelpakete...jeder bekommt einmal in der Woche exakt das Gleiche zugeteilt wie alle anderen. Was da in unserem Wohnkomplex immer los ist, wenn alle hektisch untereinander ihre Waren tauschen wollen.
Wenn wir die Daten von allen Leuten hätten, könnte jeder ein personalisiertes Paket bekommen und dieser Tauschwahnsinn hätte ein Ende.“ sagt eine Frau aus der Gruppe. „Es würde auf jeden Fall so einiges einfacher machen. Die haben doch alle irgendwas zu verbergen und die Werte unserer Gemeinschaft nicht verstanden.“ regt sich eine weitere Frau auf „Na wenigstens erkennen wir, an den Armbändern, wer zu welcher Seite gehört. Wer kein Datenarmband trägt ist ein Egoist!“ fügt sie noch hinzu.
„Ja natürlich, weil man nicht mit so einer Datenfessel rumlaufen will, ist man gleich ein Massenmörder! Die haben alle Dreck am stecken! Es nervt so dermaßen, es vergeht kein Tag, an dem ich deswegen nicht blöd angemacht werde. Wir haben per Gesetz das Recht mit unseren Daten das zu machen, was wir wollen. Wenn ich es gruselig finde, wenn jemand meinen Aufenthaltsort kennt, weiß wann ich schlafe, was für Krankheiten ich habe und so weiter, dann müssen das nun einmal alle akzeptieren. Wenn ich jeden Tag genötigt werde dieses Armband zu tragen, wird das Datenschutzgesetz ad absurdum geführt.“ mischt sich einer aus einer anderen Gruppe ein.
„Ihr seid alle so verdammt unwissend.“ brummt Klemens aus seiner Ecke. „Was sagen sie da?“ fragt einer aus der Runde. Die beiden Gruppen wenden sich ihm zu. „Ganz schön viele Unfälle mit Bussen, dafür dass autonom fahrende Fahrzeuge so gut wie keine Fehler mehr machen oder? Ist bei euch auch in letzter Zeit jemand angeblich an Krebs erkrankt? Komisch, dass die Durchschnittliche Lebenserwartung in den letzten Jahren wieder unter 90 Jahre gefallen ist.
Ich könnte noch ewig weiter reden. Was meint ihr passiert in einer Gesellschaft, in der jeder nur 4 Stunden am Tag arbeiten geht; In der niemand Geldsorgen hat, weil es kein Geld mehr gibt? Wir vermehren uns wie die Fliegen! Die Ressourcen reichen nun einmal nicht für alle. Zumindest wenn wir sichergehen wollen, dass für künftige Generationen noch genug übrig bleibt.
In unserer Friede-Freude-Eierkuchengesellschaft, in der sich alle lieb haben und frei entfalten können, passt es natürlich nicht, wenn wir Menschen verbieten weitere Kinder zu kriegen. Da müssen wir dann heimlich ein paar Leute loswerden. Und eure Armbänder, das ist ja gerade DAS große Thema in unserer Gesellschaft. Das war der letzte Versuch Dinge irgendwie effizienter zu gestalten, um womöglich genug Ressourcen einsparen zu können, damit solche drastischen Schritte nicht von Nöten sind.
Ich denke, das ist gescheitert. Dass es der Medizin hilft ist das, was sie euch erzählt haben, damit ihr euch so ein Armband übers Handgelenk zieht. Ganz sicher wollen die nicht, dass noch mehr Menschen überleben. Ich bin davon überzeugt, dass die Daten der Bänder bald nicht mehr ausgewertet werden, weil es mehr Ressourcen verschlingt als es einspart. Ihr tragt Tag für Tag diese Dinger und denkt ihr wärt dadurch gute Menschen. Großer Irrtum.“ Klemens sieht die Leute mit einem starren Blick an.
„Das sind doch kranke Verschwörungstheorien, woher wollen sie das alles wissen?“ fragt eine der Frauen.
Klemens schmunzelt. „Und jetzt werde ich es beenden ehe die das tun.“ Er zerschlägt sein Glas am Tresen und zieht eine Scherbe mit einem schnellen und kräftigen Ruck an seinem Hals entlang. Kurz darauf fällt er vom Hocker und erzeugt auf dem Boden eine Lache aus Blut, ehe er leblos liegen bleibt. Der Roboter kommt mit einem Wischmopp angefahren.
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